Das Fahren unter Alkoholeinfluss gehört zu den Hauptursachen schwerer und tödlicher Verkehrsunfälle. Auch die Teillegalisierung von Cannabis stellt die Verkehrssicherheit vor neue Probleme. Wie gehen wir mit den wachsenden Herausforderungen durch Alkohol und Drogen für die Verkehrssicherheit um?
Dieser Frage haben wir uns am 12. Juni 2024 bei unserem diesjährigen DVR Forum unter dem Motto „Klarer Kopf, sichere Fahrt: Alkohol und Drogen als wachsende Herausforderung für die Verkehrssicherheit" in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften gewidmet und mit über 250 Gästen digital und vor Ort diskutiert.
„Im Jahr 2022 wurden bei Unfällen unter Alkoholeinfluss 242 Menschen getötet und mehr als 20.000 Menschen verletzt. Das ist die Grenze, ab der man nicht mehr von einer Kleinstadt, sondern von einer mittelgroßen Stadt spricht“, stellte Manfred Wirsch, Präsident des DVR, in seiner Eröffnungsrede fest. Darüber hinaus zeigte eine Umfrage unter den Teilnehmenden der Veranstaltung, dass 84 % schon einmal erlebt haben, dass eine Freundin oder ein Freund nach Alkoholkonsum noch ans Steuer wollte. Dieses Ergebnis verdeutlicht die Relevanz des Themas und die Notwendigkeit, weiterhin auf Aufklärung zu setzen.
Mathias Stein, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Verkehrsausschuss, räumte in seiner Rede ein, dass es sich mit ungefähr viereinhalb Millionen Menschen, die im Jahr Cannabis konsumieren, hierbei keinesfalls um ein Nischenthema handelt und es mit der notwendigen Ernsthaftigkeit angegangen werden muss. Er verwies auf die Notwendigkeit einer breiten gesellschaftlichen Debatte. Zusätzlich betonte er, dass bei Alkohol ebenfalls strenge Maßnahmen erforderlich seien, um Trunkenheitsfahrten zu reduzieren.
Helmut Trentmann, Präsident des Bundes gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr, stellte als besonders besorgniserregend den Mischkonsum von Cannabis und Alkohol heraus, der die Fahrtauglichkeit erheblich beeinträchtigen könne. Außerdem unterstrich er, dass Fahrende unter Drogeneinfluss nicht abschätzen können, wie stark sie beeinträchtigt sind. Abschließend betonte er die Notwendigkeit von wissenschaftlich fundierten Grenzwerten und einer klaren Gesetzgebung, um die Verkehrssicherheit effektiv zu gewährleisten.
In seinem Vortrag „KPI Alkohol: Erste Erhebung von Schlüsselkennzahlen zu Alkohol im Straßenverkehr" stellte Dr. Walter Funk, Leiter des Forschungsbereichs MOVE – Mobilitäts- und Verkehrssicherheitsforschung am Institut für empirische Soziologie an der FAU Erlangen-Nürnberg, die Methodik einer neuen Studie im Auftrag der BASt vor, die sogenannte Key Performance Indicators (KPIs) zur Verkehrssicherheit erhebt und so zeitlich bereits vor möglichen Unfällen im Straßenverkehr ansetzt.
Im Anschluss daran folgte ein Vortrag von Dr. med. Christopher Spering, Leitender Oberarzt für Spezielle Unfallchirurgie in der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie der Universitätsmedizin Göttingen, mit dem Titel „Alkohol im Straßenverkehr: Die bittere Realität hinter den Statistiken“, in dem er erschütternde Fakten und tragische Geschichten präsentierte, die die verheerenden Auswirkungen von Alkohol am Steuer zeigten. Seine Worte machten deutlich, dass hinter den nüchternen Zahlen oft menschliche Tragödien stehen, die durch verantwortungsbewusstes Verhalten vermeidbar gewesen wären.
Nach einer kurzen Pause erklärte André Schaack, Leiter der Abteilung „Verkehr/ Verkehrsgesetzgebung und Straßensicherheit” bei der Generaldirektion der Polizei Luxemburg, den Teilnehmenden, wie Präventionsarbeit und Repression zur Verhütung von Unfällen im Zusammenhang mit Alkohol und Drogen beim europäischen Nachbarn Luxemburg ablaufen.
In Deutschland waren 2022 über 100.000 Medikamente zugelassen, von denen mehr als die Hälfte rezeptfrei erhältlich sind. Viele wissen nicht, dass Medikamente auch die Fahrsicherheit beeinflussen können. Cornelia Trieloff, Chefapothekerin BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin, appellierte in ihrem Vortrag „Medikamente und Fahrtüchtigkeit” unter anderem auch an die Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmenden und betonte, dass bei Zweifeln an der Fahrtüchtigkeit alternative Verkehrsmittel genutzt werden sollten.