DVR Arena 2023
- Transporter und LKW
- DVR Arena
Wartehalle Berlin
DVR-Präsident Manfred Wirsch begrüßte die rund 200 Teilnehmenden vor Ort in Berlin sowie die Interessierten, die digital dabei waren, und wies darauf hin, dass die Transport- und Logistikbranche „ein knallhartes Geschäft mit einem enormen Zeit- und Preisdruck” sei. Diesen Druck spüren besonders die Fahrerinnen und Fahrer. Deshalb müsse alles dafür getan werden, deren Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Gemeinsame Anstrengungen, mehr Sicherheit im Lieferverkehr zu schaffen, forderte auch Oliver Luksic, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr und Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik, in seiner Video-Grußbotschaft.
Fahrpersonal gewinnen
Die Logistikbranche sei systemrelevant und der Mangel an Fahrpersonal „ein Riesenthema“, unterstrich Henning Rehbaum (CDU), Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Verkehrsausschuss. Er sprach sich dafür aus, die Fahrausbildung zu verändern. „In Österreich kann man in zehn Wochen Berufskraftfahrer werden, in Deutschland dauert das sechs bis zehn Monate“, sagte Rehbaum. Zudem müsste aus seiner Sicht die Berufskraftfahrer-Qualifikation auch in Fremdsprachen möglich sein. Generell müsste der Zugang von ausländischem Fahrpersonal in die deutsche Logistikbranche vereinfacht werden.
Zuwanderung erleichtern
Für eine Neujustierung der Qualifikationsanforderungen zur Behebung des Fahrpersonalmangels sprach sich auch Prof. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V., aus. Die Situation sei alarmierend, bereits heute fehlten der Branche 80.000 bis 100.000 Berufskraftfahrende. „Wenn sich nicht jetzt etwas ändert, droht Deutschland ein Versorgungskollaps ähnlich wie in England“, verdeutlichte der Experte. Für die Lösung dieses Problems gebe es keinen Königsweg. Engelhardt sieht aber Stellschrauben, an denen gedreht werden müsse: Arbeitsbedingungen verbessern, Hürden und Bürokratie abbauen sowie Zuwanderung erleichtern.
Parkplatzmangel beheben
Vanessa Kuhlage präsentierte zentrale Ergebnisse aus ihrer Bachelorarbeit „Lkw-Parkplatzmangel – Ein unlösbares Dilemma zwischen ‚Geisterparkern‘ und ‚Sekundenschläfern‘ in der polizeilichen Verkehrssicherheitsarbeit?“, abgeschlossen an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW in Münster. Mit ihrer Abschlussarbeit gewann sie den DVR-Förderpreis 2023. Sie weist mit dem sogenannten „Geisterparken“ auf ein für die Verkehrssicherheit auf Autobahnen ernsthaftes Problem hin und zeigt in Befragungen mit 146 Lkw-Fahrerinnen und -Fahrern weitere Probleme auf. So bezeichneten 94 Prozent der Befragten den Parkplatzmangel als „in hohem Maße oder absolut verkehrsgefährdend“. Fast die Hälfte gab zu, als „Geisterparker“ bereits auf Ein- oder Ausfahrten von Raststätten gestanden zu haben. Knapp zwei Drittel gaben an, bereits einmal in den Sekundenschlaf gefallen zu sein.
„Die Straße ist der gefährlichste Arbeitsplatz."
Dr. Jörg Hedtmann, Leiter des Geschäftsbereichs Prävention bei der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft, Post-Logistik, Telekommunikation (BG Verkehr)
Daniela Stanek/DVR
Sozialdumping verhindern
Erschreckende Bilder aus seinem Arbeitsalltag zeigte Raymond Lausberg, Polizist im belgischen Lüttich. Er berichtete, bei Lkw-Kontrollen nicht selten auf Fahrende aus Osteuropa zu stoßen, die wochenlang nonstop durch Europa touren, und das in Fahrzeugen mit gravierenden technischen Mängeln. Ihre vorgeschriebene Freizeit verbrächten sie in ihrem Lkw oder in menschenunwürdigen Unterkünften. Unter dem Schlagwort Sozialdumping sprach der erfahrene Polizeiinspektor von schlechter Bezahlung und systematisch überlastetem Fahrpersonal. Gefälschte Dokumente und manipulierte Fahrtenschreiber gehörten ebenfalls zu seinem Arbeitsalltag auf dem Abschnitt der E40 zwischen Lüttich und Aachen.
Kontrollen verstärken
Abschließend führte Moderatorin Eva-Maria Lemke durch eine Diskussionsrunde mit allen Vortragenden sowie Dr. Jörg Hedtmann, Leiter des Geschäftsbereichs Prävention bei der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft, Post-Logistik, Telekommunikation (BG Verkehr), und Stefan Thyroke, Leiter Fachgruppe Speditionen, Logistik, Kurier-, Express- und Paketdienste bei der ver.di-Bundesverwaltung. Der Gewerkschaftsvertreter machte auf ein weiteres Problem aufmerksam: Es werde zu wenig kontrolliert. Die Quote der vom Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) kontrollierten Fahrzeuge zum Beispiel liege bei unter einem Prozent. „Die Straße ist der gefährlichste Arbeitsplatz“, unterstrich Dr. Hedtmann. Er vermisse die Wertschätzung für das fahrende Personal in der Gesellschaft: „Das sind Leute, die unsere Wirtschaft aufrechterhalten.“
Abschließend erklärte DVR-Präsident Wirsch, dass der DVR weiterhin für verbesserte Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrenden und die damit einhergehende Erhöhung der Verkehrssicherheit in Berlin und Brüssel „trommeln“ werde.