Eine der Hauptursachen für Alkohol im Straßenverkehr ist fehlendes Problembewusstsein. Obwohl Autofahrerende wissen, dass sie sich in eine Trinksituation begeben, zeigen sie danach häufig keine Bereitschaft, das Auto stehen zu lassen.

Oft wird die schädliche Wirkung von Alkohol auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit unterschätzt. Gedanken an mögliche negative Folgen wie Unfälle oder das Gefährden anderer Verkehrsteilnehmende werden verdrängt und verharmlost. Auch die Fahraufgabe selbst wird oft als leicht zu bewältigen eingestuft oder das fahrerische Können zu hoch bewertet. Dies ist besonders bei jungen Fahrzeugführenden zu beobachten.

Doch nicht nur sie sind betroffen. Verstöße ohne Unfallfolgen werden in allen Altersgruppen häufig als Kavaliersdelikt angesehen und verharmlost – besonders in ländlichen Gegenden, in denen der öffentliche Personenverkehr in den Abendstunden und an Wochenenden ausgedünnt ist das eigene Auto das einzige Verkehrsmittel nach der Party bleibt. Kommt es unter Alkoholeinfluss doch einmal zum Unfall, wird nach anderen Ursachen gesucht.

Doch das Problembewusstsein verändert sich. Seit 2007 gilt in der zweijährigen Probezeit sowie für Fahrerinnen und Fahrer vor Vollendung des 21. Lebensjahres die Null-Promille-Grenze. Zehn Jahre nach Inkrafftreten zeigte eine Re-Evaluation durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) einige langfristige, positive Veränderungen. So konnte ein Rückgang der alkoholbedingten Verkehrsunfälle und -verstöße nachgewiesen werden. Zudem zeichnete sich ab, dass Fahrerinnen und Fahrer, für die als Fahranfänger die Null-Promille-Grenze galt, auch später seltener unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnehmen. Unter den heutigen jungen Fahrerinnen und Fahrern ist die Akzeptanz für ein solches Alkoholverbot am Steuer sehr hoch und gegenüber der ersten Evaluation noch gestiegen.15

Darstellung von Neuronen, die Impulse übertragen

Viele Aufgaben in kurzer Zeit

Das Handeln eines Menschen am Steuer eines Fahrzeugs und auch einer Person, die zu Fuß geht, orientiert sich daran, wie die Realität im Straßenverkehr wahrgenommen wird. Je präziser die Wahrnehmung, umso besser die Basis für ein sicheres Handeln. 90 % der Informationen aus der Umwelt nimmt der Mensch über das Auge wahr. Entsprechend gravierend sind die Auswirkungen, wenn Alkohol das Sehvermögen beeinträchtigt.

Konkret zuständig für unsere Bewegungsabläufe ist die Motorik. Kuppeln, Gas geben, Bremsen, Schalten, Lenken. Gesteuert wird die Motorik vom Gehirn, das über die Nervenbahnen Signale von den Körpersensoren etwa an Händen und Füßen erhält, diese auswertet und Befehle an Muskeln und Sehnen sendet.

Bei der Fülle der Informationen, die wir im Straßenverkehr aufnehmen und verarbeiten müssen, arbeitet das Gehirn ständig mit Hochleistung. Dabei brauchen wir alle unsere Sinne. Das Führen eines Fahrzeugs, egal ob Auto, Motorrad oder Fahrrad ist Arbeit, auch wenn vieles davon scheinbar „wie von selbst“ abläuft.

Alkoholeinfluss auf das Fahrverhalten

Fotografie eines Tunnels von innen mit gelblichem Licht

Die Auswirkungen von Alkohol sind individuell sehr unterschiedlich und lassen eine eindeutige Zuordnung ganz bestimmter Wirkungen zu ganz bestimmten Promillezahlen nicht zu. Die Alkoholwirkung auf den einzelnen Menschen hängt unter anderem von der Höhe der Blutalkoholkonzentration, der Trinkzeit, dem Körpergewicht, der Magenfüllung und der körperlichen Konstitution und Verfassung ab.

Unabhängig von bestimmten Promillewerten steht fest, dass Alkohol bereits in einem sehr frühen Trinkstadium schwere körperliche Beeinträchtigungen nach sich zieht. Je höher der Alkoholspiegel, desto geringer die Leistungsfähigkeit. Wissenschaftliche Studien ergaben folgenden Zusammenhang zwischen dem Grad der Alkoholisierung und dem Leistungsvermögen:

Ab 0,2 bis 0,3 Promille ist die Informationsübermittlung im Gehirn beeinträchtigt:

  • Konzentration, Koordinationsvermögen und Reflexe lassen nach
  • Entfernungen werden falsch eingeschätzt
  • das Sehvermögen sinkt
  • Sorglosigkeit und Risikobereitschaft wachsen

Ab 0,6 bis 0,7 Promille treten folgende Leistungsstörungen im gesamten Organismus auf. Beeinträchtigungen der Sinnesphysiologie können nicht durch erhöhte Aufmerksamkeit ausgeglichen werden, da diese mitbetroffen ist:

  • Orientierung im Raum ist gestört: Distanzen zu Objekten werden falsch eingeschätzt
  • Geschwindigkeit wird stark unterschätzt
  • Gleichgewichtssinn ist beeinträchtigt: Kurvenfahrfehler
  • Sehvermögen ist gestört: Bewegungsunschärfe, Blickfeld um 25 % reduziert
  • Hörvermögen ist eingeschränkt
  • Anpassung an Lichtveränderungen verändert sich: Blendempfindlichkeit
  • Reaktionszeit verdoppelt sich
  • Motorik ist gestört
  • Ablenkbarkeit steigt, Aufmerksamkeitsspanne sinkt
  • Bewegungsdrang, Leichtsinn, Sorglosigkeit nehmen zu
  • Enthemmung und Euphorisierung oder evtl. Reizbarkeit setzen ein
  • subjektives Gefühl gesteigerter Leistungsfähigkeit ist verbunden mit einer tatsächlichen (objektiven) Leistungseinschränkung

Ab 1,0 bis 1,1 Promille sind gravierende Vergiftungserscheinungen physiologisch erwiesen. Bei diesem Wert gibt es niemanden, bei dem keine relevanten Funktionsstörungen auftreten.

Straßenverkehrsunfälle unter dem Einfluss von Alkohol im betrieblichen Kontext

Im Vordergrund Feuerwehrperson vor einem Autowrack, im Hintergrund mehrere Personen und ein Rettungswagen

Wegeunfälle werden nicht separat in der amtlichen Verkehrsunfallstatistik erfasst und ausgewiesen. Somit ist keine Aussage darüber möglich, wie viele Wegeunfälle sich im öffentlichen Straßenverkehr ereignen.

Alkoholisiertes Fahren bringt gerade im betrieblichen Kontext weitere rechtliche Konsequenzen mit sich.

Als Basis für Unternehmen und Unternehmerinnen/Unternehmer gilt primär die berufsgenossenschaftliche Vorschrift BGV A1 „Grundsätze der Prävention“ in der Fassung vom April 2004 (früher UVV1 Unfallverhütungsvorschrift allgemeine Grundsätze).

Diese Unfallverhütungsvorschrift sagt in §15:

Dies sind die sogenannten „Arbeitnehmerpflichten“, also die Anforderungen, die der Gesetzgeber von der Mitarbeiterin bzw. von dem Mitarbeiter verlangt. Auf der anderen Seite gibt es die sogenannten „Arbeitgeberpflichten“, die sich im Hinblick auf Alkoholkonsum aus § 7 herleiten lassen:

Offensichtlich ist sofort, dass an keiner Stelle der UVV eine Promillegrenze oder Ähnliches verlangt wird. Vielmehr wird von der Unternehmerin/dem Unternehmer und den mit Führungsaufgaben beauftragten Personen verlangt, zu beurteilen, ob ein Arbeitnehmer arbeitsfähig oder nicht ist.

Darüber hinaus gibt es jedoch auch einige wenige Bereiche und Berufsbilder, für die der Gesetzgeber klare Regelungen bezüglich des Alkoholkonsums gemacht hat. Diese Ausnahmen lauten – ohne den Anspruch auf aktuelle Vollständigkeit – wie folgt:

  • Null-Promille-Grenze und Drogenfreiheit für Fahrer von Gefahrgut nach der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) §28
  • Absolutes Alkoholverbot für Piloten, Copiloten und Flugingenieure im Flugverkehr
  • Absolutes Drogen- und Alkoholverbot bei Rettungsdiensten
  • Absolutes Drogen- und Alkoholverbot bei der Personenbeförderung nach der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft)
  • 0,5-Promille-Grenze ohne Auffälligkeiten für Teilnehmende am Straßenverkehr und absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger
     

Primärprävention

Ziel der Primärprävention ist u.a. die Beseitigung gesundheitsschädigender Einflüsse am Arbeitsplatz, bevor sie wirksam werden. Das bedeutet, dass die Unternehmensleitung und ggf. der Betriebsrat sich des Themas annehmen und Richtlinien zum Alkoholkonsum im eigenen Betrieb entwickeln, aufstellt, und darüber informiert.

Das betrifft Einschränkungen im Konsum während der Arbeitszeit, z.B. ein Alkoholverbot, spezielle Arbeitsverfahren, die Aufstellung und Bestückung von Getränkeautomaten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen. Dazu gehören die Aufklärung der Mitarbeitenden über die Auswirkungen von Alkohol, über Einschränkungen der Verfügbarkeit sowie das Vorgehen bei Verstößen gegen vereinbarte Regelungen.

Sekundärprävention

Das Anliegen der Sekundärprävention ist die Früherkennung von Krankheiten, deren Behandlung und soweit möglich die Beseitigung der Risikofaktoren bzw. Krankheitsursachen. Bezogen auf Alkohol im Betrieb bedeutet dies, dass Vorgesetzt, aber auch Kolleginnen und Kollegen eine Alkoholproblematik möglichst frühzeitig erkennen und wissen, wohin sie sich wenden können, damit sachgerechte Hilfe eingeleitet wird. Schädlicher Alkoholkonsum sollte erkannt und behandelt werden, noch bevor die betroffene Person eine Alkoholabhängigkeit entwickelt. Frühzeitige Interventionen sind erfahrungsgemäß erfolgreicher als spätes Eingreifen – es erspart am Arbeitsplatz und im privaten Bereich viel Ärger und Leid.

Die Elemente, die dieser Präventionsebene zugeordnet werden können, sind unter anderem:

  • Schulung von Vorgesetzten
  • Einführung und Installation von Ansprechpartnerinnen und –partnern im Unternehmen (Suchtbeauftragte)
  • Mitarbeiterschulungen
  • Unterweisungen
  • Technische Maßnahmen
  • Vernetzung mit externen Ansprechpersonen
  • Kooperationen mit Krankenkassen und/oder Suchttherapiezentren
  • Vereinfachter Zugang zu Institutionen, die Mitarbeitende oder Vorgesetzte bei Fragen beraten und unterstützen (Supervision)