Sucht ist ein altbekanntes Phänomen, wie man am Begriff „Eifersucht“ erkennen kann. Diese „Sucht“ ist wohl so alt wie die Menschheit. Der alltagssprachliche Suchtbegriff bezieht sich deshalb auch auf nicht stoffgebundene Süchte wie z.B. Spielsucht, Esssucht oder Kaufsucht.

Abgrenzend dazu, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Begriff „Sucht“ durch den Begriff der „Abhängigkeit“ ersetzt. Allerdings werden umgangssprachlich die Begrifflichkeiten Sucht und Abhängigkeit weiterhin synonym gebraucht.

Bei „Abhängigkeit“ kann man grundsätzlich zwischen einer psychischen (seelischen) und physischen (körperlichen) Abhängigkeit unterscheiden. Die psychische Abhängigkeit ist vor allem durch den starken, unwiderstehlichen Drang geprägt, die Droge wiederholt einzunehmen („Craving“). Bei körperlicher Abhängigkeit haben der ständige Drogenkonsum und Dosissteigerungen zu einer Veränderung des Stoffwechsels im Körper geführt. Der Körper braucht dann die Droge, um noch vernünftig arbeiten zu können. Fehlt die Droge, so kommt es zu körperlichen Entzugserscheinungen wie Schmerzen, Übelkeit, Schwitzen, Frieren oder Zittern.

Die Entwicklung von Süchten oder Abhängigkeiten verläuft nie gradlinig im Sinne vom Erstkonsum zum gelegentlichen Konsum, Missbrauch, psychischer Abhängigkeit bis hin zur körperlichen Abhängigkeit.

Vielmehr handelt es sich um einen sehr komplexen Prozess, bei dem die jeweilige Persönlichkeit, das Umfeld und auch die Substanz selbst sich wechselseitig beeinflussen (siehe Rubrik Drogenwirkung). Auch muss nicht zwangsläufig eine körperliche Abhängigkeit am Ende stehen. Die gesellschaftlich tradierte Vorstellung, dass sich aus dem ersten Joint zwangsläufig eine schwere Heroinabhängigkeit ergibt, ist ein Märchen. Heute weiß man, dass vielmehr das Umfeld eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung von Abhängigkeiten spielt.

Ein offizielles Klassifizierungssystem ist das ICD-11 („International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“). Es unterscheidet die Folgen des Konsums psychotroper Substanzen anhand von Intoxikation, einem schädlichen Gebrauch und einem Abhängigkeitssyndrom.

Im ICD-11 werden Alkohol, Opioide, Cannabis/Cannabinoide, Sedativa, Hypnotika oder Anxiolytika, Kokain, Stimulanzien einschließlich Amphetamine, Methamphetamine oder Methcathinone, Cathinone, Koffein, Halluzinogene, Tabak/Nikotine, volatile Inhalanzien, MDA/MDMA, Dissoziativa einschließlich Ketamin oder PCP und flüchtige Lösungsmittel als psychotrope Substanzgruppen unterschieden.

Akute Intoxikation … beschreibt „Ein vorübergehendes Zustandsbild nach Aufnahme von Alkohol oder anderen psychotropen Substanzen mit Störungen des Bewusstseins, kognitiver Funktionen, der Wahrnehmung, des Affektes, des Verhaltens oder anderer psychophysiologischer Funktionen und Reaktionen“.

Die Diagnose Intoxikation soll vor allem dann gestellt werden, wenn „ keine länger andauernde Probleme mit psychotropen Substanzen bestehen“.

Schädlicher Gebrauch: Unter schädlichem Gebrauch wird ein Konsummuster psychotroper Substanzen verstanden, „das zu einer Gesundheitsschädigung führt“.

Abhängigkeitssyndrom: Im ICD-11 werden drei Kriterien(-paare) der Abhängigkeit beschrieben. Die Diagnose erfordert, dass 2 oder mehr dieser 3 zentralen Kriterien über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten bestehen, kann aber auch gestellt werden, wenn die Substanz mindestens einen Monat kontinuierlich (täglich oder fast täglich) konsumiert wird.3

  1. Beeinträchtigte Kontrolle über den Substanzkonsum – Bezogen auf Beginn, Menge und Umstände oder Ende des Konsums. Wird oft, aber nicht notwendigerweise von subjektiven Empfindungen von Drang oder Verlangen, die Substanz zu konsumieren, begleitet
  2. Physiologische Merkmale (indikativ für substanzbezogene Neuroadaption) manifestiert sich als:
    (i) Toleranz, (ii) Entzugserscheinungen nach Konsumstopp oder -reduktion oder (iii) wiederholter Konsum der Substanz, um Entzugserscheinungen zu mindern oder zu verhindern
    Entzugserscheinungen müssen dem Entzugssyndrom der Substanz entsprechen und sind nicht auf anhaltende Substanzeffekte zurückzuführen
  3. Substanzkonsum wird fortschreitend zur Priorität im Leben, d. B., dass die Substanz Vorrang über andere Interessen, Vergnügungen, alltägliche Aktivitäten, Verpflichtungen oder der Gesundheitspflege oder persönlichen Pflege erhält. Der Substanzkonsum nimmt zunehmend eine zentrale Rolle im Leben der Person ein und verschiebt andere Aspekte des Lebens in die Peripherie und wird oft trotz des Auftretens von Problemen fortgeführt.

Eine Abhängigkeit kann sich beziehen auf:

  • Einzelne Substanzen
  • Substanzgruppen (z.B. Opioide, Stimulantien)
  • Auf ein Spektrum verschiedener Substanzen (siehe Politoxikomanie)

Entzugssymptome

Besteht eine Abhängigkeit von einer oder mehreren psychotropen Substanzen, führt die Abwesenheit der Substanz zu Entzugssymptomen. Diese können je nach Substanz/ Droge sehr unterschiedlich in Art und Schwere ausfallen. Allgemein differenziert man zwischen psychischen und/oder physischen Entzugserscheinungen.

  • Psychische Entzugssymptome: Ein psychischer Entzug ist vor allem durch das starke Verlangen nach der jeweiligen Droge (craving) gekennzeichnet. Weitere Symptome sind u.a. Angst, depressive Verstimmungen bis hin zu Selbstmordgedanken, Schlaflosigkeit, Gereiztheit oder Unruhezustände. Die psychischen Entzugserscheinungen sind für den Betroffenen besonders schwer zu überwinden und können auch noch nach langer Zeit wieder zu Rückfällen führen. 
     
  • Physische Entzugssymptome: Das körperliche Entzugssyndrom ist vor allem durch Reaktionen des vegetativen Nervensystems gekennzeichnet. Es kommt zu Unruhe, Schwindel, Kreislaufstörungen, Schweißausbrüchen, Zittern oder Frieren. Darüber hinaus können Schmerzen in den Muskeln und Körpergliedern aber auch im Bauchraum und Magen entstehen. Schwerwiegend und lebensbedrohlich können beispielsweise eine Bewusstseinsstörung bis hin zum Koma (Delir), Veränderungen im Bewusstseinszustand oder Krampfanfälle (Epilepsie) sein.