Beschluss

Vermeidung von Lkw-Auffahrunfällen auf fahrbare Absperrtafeln vor Arbeitsstellen auf Autobahnen

Immer wieder kommt es auf Autobahnen zu teils schweren Verkehrsunfällen infolge des Auffahrens von Lkw auf Baustellen. Eine besondere Gefährdung besteht bei Arbeitsstellen kürzerer Dauer.
27.04.2023
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Beschluss

Vermeidung von Lkw-Auffahrunfällen auf fahrbare Absperrtafeln vor Arbeitsstellen auf Autobahnen

Immer wieder kommt es auf Autobahnen zu teils schweren Verkehrsunfällen infolge des Auffahrens von Lkw auf Baustellen. Eine besondere Gefährdung besteht bei Arbeitsstellen kürzerer Dauer.

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    Beschluss: Vermeidung von Lkw-Auffahrunfällen auf fahrbare Absperrtafeln vor Arbeitsstellen auf Autobahnen

Dieser Beschluss ergänzt den Beschluss „Mehr Sicherheit in Arbeitsstellen kürzerer Dauer auf Autobahnen“ vom 27. Oktober 2016.

Immer wieder kommt es auf Autobahnen zu teils schweren Verkehrsunfällen infolge des Auffahrens von Lkw auf Baustellen. Eine besondere Gefährdung besteht bei Arbeitsstellen kürzerer Dauer.

Auf Arbeitsstellen wird der Verkehr frühzeitig durch Vorwarneinrichtungen aufmerksam gemacht. Sie ordnen Geschwindigkeitsbeschränkungen an und kündigen Fahrstreifenreduktionen oder -verschwenkungen an. Kurz vor der Arbeitsstelle (min. 50 m) ordnet eine fahrbare Absperrtafel (Zeichen 616 StVO) die Sperrung des betroffenen Fahrstreifens und den Wechsel auf den benachbarten Fahrstreifen an.1

Dennoch kommt es auf Autobahnen immer wieder zu Auffahrunfällen von Lkw auf fahrbare Absperrtafeln mit schweren und bisweilen tödlich verlaufenden Verletzungen beim Baustellenpersonal sowie den Insassen des anprallenden Fahrzeugs und möglicherweise weiterer Fahrzeuge. Etwa fünf bis sechs Prozent aller schweren Lkw-Auffahrunfälle auf Autobahnen geschahen auf fahrbare Absperrtafeln.2

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat e.V. (DVR) begrüßt und unterstützt ausdrücklich das Vorhaben des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) und der Autobahn GmbH, die Zahl der Auffahrunfälle auf Baustellen durch die Ausstattung aller fahrbaren Absperrtafeln mit C-ITS3 bis Ende 2023 zu reduzieren. Über diese „Baustellenwarner“ werden Signale, die derzeit auf dem WLANp-Standard basieren, ausgesendet, um den Verkehr frühzeitig und zuverlässig vor nahenden Arbeitsstellen zu warnen. Zusätzlich werden diese Informationen über Mobilfunk (4G/LTE, 5G) auf der Mobilithek4 zur Verfügung gestellt.

Empfehlungen

Um die Potenziale der C-ITS-Technologie zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in vollem Umfang ausnutzen zu können, empfiehlt der DVR die Umsetzung der folgenden Maßnahmen:

  1. Durch netzbasierte Kommunikation kann die Sicherheit von Baustellen deutlich erhöht werden. Neben der direkten Nahbereichskommunikation stellt die Autobahn GmbH ihre Daten über die Mobilithek zur Verfügung. Damit auch Fahrzeuge, die nicht über eine WLANp-Kommunikation verfügen, vom Sicherheitspotenzial des C-ITS profitieren können, müssen die an die Mobilithek übertragenen Daten von Dienstanbietern zur Warnung per Netzübertragung genutzt werden.
  2. Es wird mindestens ein Service-Provider (wie z.B. Here, SAS) benötigt, der auf der Grundlage der Daten5 in der Mobilithek einen Dienst bereitstellt, die Qualität der Information überwacht und Warnungen für Systeme bereitstellt, die in den Fahrzeugen genutzt werden. Das BMDV sollte die Lösungen der Service-Provider entsprechend fördern.
  3. Die Fahrzeughersteller sollten Neufahrzeuge – insbesondere Lkw – konsequent mit C-ITS ausstatten. Zudem sollten Transportunternehmen bereits vorhandene Lkw mit Nachrüstlösungen zur Warnung vor Bau- und Gefahrenstellen ausrüsten.
  4. Das BMDV sollte entsprechende Erstausstattungen sowie Nachrüstlösungen über ein Sonderprogramm fördern.
  5. Das BMDV sollte sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, die europäische „Data for Road Safety“-Initiative6 zu einem Erfolg zu führen. Dazu sind auch neue Business Modelle für SRTI-Daten7 zu betrachten. Mittelfristig kann durch die geplante Lösung der „Data for Roadsafety“-Initiative, an der Deutschland und deutsche Fahrzeughersteller beteiligt sind, die Qualität der Daten durch zusätzliche Sensordaten von Fahrzeugen weiter erhöht werden und insgesamt die Nutzung der Dienste auch für andere Fahrzeuge bereitgestellt werden.
  6. Das BMDV sollte eine entsprechende Ausrüstungsvorschrift für C-ITS prüfen und auf europäischer Ebene anstoßen.
  7. Das BMDV sollte die Empfehlungen des DVR-Beschlusses „Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Vehicle-to-X-Kommunikation“ vom 25.10.2021 umsetzen und eine nationale Strategie zur Einführung von Vehicle-to-X (V2X) etablieren.8
  8. Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Erweiterung der Regelungen zum Autobahnpilot für Nutzfahrzeuge (Automated Lane Keeping Systems, UN-Regelung Nr. 157 ab Zulassung 01.09.2024) sollte von der Bundesregierung ein Pilotprojekt gefördert werden, das die Reaktion der Systeme auf fahrbare Absperrtafeln untersucht.9
  9. Fahrzeughersteller, speziell die Hersteller von Güterkraftfahrzeugen, sollten parallel im Rahmen der Weiterentwicklung ihrer Notbremsassistenzsysteme (NBA, AEBS) die Erkennung und Klassifizierung von fahrbaren Absperrtafeln und anderen kollisionsrelevanten Sicherungsfahrzeugen verbessern und die Neuerungen der UN-Regelung Nr. 131-02 - u.a. die bedarfsweise Verkürzung der Kollisionswarnphase – möglichst zügig umsetzen.

Gez.
Manfred Wirsch
Präsident


1 Vgl. RSA 21

2 Basierend auf Analysen von Unfalldaten auf niedersächsischen Autobahnen für die Jahre 2017 – 2021

3 C-ITS = „Cooperative Intelligent Transport Systems“ im Sinne eines hybriden Kommunikationsansatzes mit WLANp und Mobilfunk

4 Die Mobilithek ist die deutsche Plattform zum Austausch von Mobilitätsdaten (z.B. Staus, Baustellen, etc.). Auf der Plattform bereitgestellte Daten können von anderen Anbietern für eigene Angebote (z.B. Warnung per App) genutzt werden.

5 Anlieferung und Verarbeitung der Daten aus verschiedenen Datenquellen; strukturierte und unstrukturierte Daten

6 https://www.dataforroadsafety.eu/

7 „Data for Road Safety“ hat ein Ökosystem für sicherheitsbezogene Verkehrsinformationen (SRTI = Safety Related Traffic Information) entwickelt, das Fahrer vor gefährlichen Fahrbedingungen warnt. Die SRTI-Daten können von Fahrzeugherstellern, Dienstleistern sowie Straßenverkehrsbehörden geteilt und genutzt werden.

8 Siehe DVR-Beschluss „Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Vehicle-to-X-Kommunikation“ von 25.10.2021.