Einführung eines Verhaltenskodex für die Fahrausbildung
- 2024
- Junges Fahren
Einführung
Ziel der Fahrausbildung ist die Befähigung von Personen zur sicheren, verantwortungsvollen und umweltbewussten Verkehrsteilnahme mit Kraftfahrzeugen. Fahrschulen stehen in diesem Zusammenhang in der Verantwortung für eine qualitativ hochwertige und mit den ethischen Grundsätzen vereinbare Fahrausbildung zu garantieren. Die Einhaltung von ethischen Prinzipien im Rahmen der Fahrausbildung ist nicht nur wichtig, um das Vertrauen von Fahrschülerinnen und Fahrschülern sowie deren Eltern in die Integrität der Ausbildung zu stärken, sondern auch, damit Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer sich ihrer Verantwortung für ihren Bildungsauftrag jederzeit bewusst sind.
Empfehlungen
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) e.V. empfiehlt allen Beteiligten im Fahrausbildungsprozess folgende Grundsätze als Code of Practice zu beachten und sich öffentlich zur Einhaltung zu bekennen. Der Code of Practice basiert auf ethischen Grundsätzen und rechtlichen Vorgaben, die für die Fahrausbildung in der Bundesrepublik Deutschland gelten. Der vorliegende Code of Practice ergänzt somit die bestehenden Gesetze und dient als Leitfaden für ein verantwortungsvolles und respektvolles Verhalten im Fahrschulalltag. Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer achten darauf, dass ihre Kompetenz zur Interaktion - insbesondere in schwierigen Situationen - mit Fahrschülerinnen und Fahrschülern auf einem aktuellen Stand der Pädagogik ausgerichtet ist.
Verhaltenskodex für die Fahrausbildung
Sicherheit: Ein grundlegendes Ziel in der Fahrschule ist die Förderung der Verkehrssicherheit im Sinne der Vision Zero. Dies umfasst nicht nur die Vermittlung von Fahrtechniken, sondern auch die Betonung der Bedeutung von vorausschauendem, verantwortungsbewussten und vor allem rücksichtvollem Verhalten im Straßenverkehr. Jeder Fahrlehrender muss sich daher seiner Vorbildfunktion im Hinblick auf eine konzentrierte Verkehrsbeobachtung und Bewertung anderer Verkehrsteilnehmenden bewusst sein.
Gleichbehandlung: Alle Fahrschülerinnen und Fahrschüler werden unabhängig von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder anderen persönlichen Merkmalen gleichbehandelt. Abweichendes Verhalten wird jederzeit auch in Gruppensituationen augenblicklich thematisiert und unterbunden.
Integrität: Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer handeln ehrlich und integer. Dies schließt eine korrekte Weitergabe von Informationen ein, wie beispielsweise eine sachlich begründete, transparente Bewertung der Fahrkompetenz der Fahrschülerinnen und Fahrschüler.
Vertraulichkeit: Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer haben Zugang zu persönlichen Informationen über ihre Fahrschülerinnen und Fahrschüler. Die Wahrung der Vertraulichkeit dieser Informationen ist entscheidend, um die Privatsphäre der Fahrschülerinnen und Fahrschüler zu schützen.
Vertrauensvolles Lernumfeld: Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer schaffen ein Lernumfeld, in dem sich jede Fahrschülerin und jeder Fahrschüler wohl und sicher fühlt und in dem kein Druck auf sie/ihn ausgeübt wird.
Professionelle Distanz: Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer halten einen angemessenen Abstand in der Ausbildungssituation gegenüber Fahrschülerinnen und Fahrschülern ein und achten in der Kommunikation darauf, dass Emotionen und private Gespräche von beruflichen Interaktionen getrennt werden.
Wertschätzende Kommunikation: Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern kommunizieren mit ihren Fahrschülerinnen und Fahrschülern klar, respektvoll und angemessen. Die Verwendung von diskriminierender Sprache oder beleidigendem Verhalten ist nicht zu tolerieren.
- Aufmerksamkeit: Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer schenken ihren Fahrschülerinnen und Fahrschülern während des Unterrichts die volle Aufmerksamkeit und gehen bei der Erschließung von Lerninhalten in der Ausbildung gegenüber Fahrschülerinnen und Fahrschüler binnendifferenziert vor.
Erläuterungen
Die Einhaltung von ethischen Prinzipien ist wichtig, um sicherzustellen, dass Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer ihrer Verantwortung in der Ausbildungsphase gerecht werden. Der Code of Practice bietet somit eine Orientierung für eine qualitativ hochwertige und verantwortungsbewusste Kommunikation in der Fahrausbildung.
Darum sollten Fahrschulen einen Code of Practice implementieren:
Ein Verhaltenskodex dient als Leitfaden für die Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften und ist ein unverzichtbares Instrument zur Festlegung von ethischen Standards und Verhaltensrichtlinien in einem Unternehmen. Die Implementierung und Veröffentlichung eines eine Code of Practice als Verhaltenskodex trägt somit dazu bei, verbindliche Vereinbarungen im Hinblick auf die geteilten Werte zu treffen und bei Bedarf Abweichungen konkret benennen zu können. Diese Form der Transparenz ermöglicht es, Fehlverhalten zeitnah zu erkennen und sofern erforderlich auch sanktionieren zu können.
Sicherheit:
Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer sind Vorbilder für eine sichere und verantwortungsbewusste Verkehrsteilnahme und verhalten sich entsprechend im Sinne der StVO. Sie bereiten ihre Fahrschülerinnen und Fahrschüler umfänglich auf verschiedene Verkehrssituationen vor. Dabei werden Strecken und Gegenden angefahren, die die Vielfalt des Straßenverkehrs abbilden und Fahrschülerinnen und Fahrschüler in die Lage versetzen, in unerwarteten Situationen handeln zu können. Der Fahrlehrende sorgt dafür, dass trotz der bestehenden Risiken niemand zu Schaden kommt.
Gleichbehandlung:
Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer müssen ihre Fahrschülerinnen und Fahrschüler sachlich, objektiv und transparent bewerten können, um sicherzustellen, dass sie die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse für sicheres Fahren entwickeln. Eine angemessene Distanz hilft da-bei, emotionale Einflüsse zu minimieren und objektive Beurteilungen vorzunehmen. Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer achten darauf, dass jede Fahrschülerin und jeder Fahrschüler, unabhängig von persönlichen Hintergründen, die gleiche Unterstützung in den Lernprozessen und gleiche Chance der Entfaltung erhält.
Integrität:
Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen behandeln alle Fahrschüler fair und respektvoll, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft oder ihrem Hintergrund. Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer sind verpflichtet auf die Würde der Fahrschülerinnen und Fahrschüler zu achten und diese nicht zu verletzen. Bei Fahrschülerinnen und Fahrschülern, die z.B. einen Wechsel der Fahrlehrerin bzw. des Fahrlehrers vornehmen, findet eine unvoreingenommene Bewertung des aktuellen Leistungsstands statt. Persönliche Beziehungen von Fahrlehrenden mit Fahrschülerinnen und Fahrschülern erschweren eine objektive Bewertung. Daraus resultierende Konflikte sind anzusprechen und zu lösen.
Vertrauensvolles Lernumfeld:
Fahrlehrende unterstützen die Fahrschüler dabei, ihre individuellen Ziele beim Autofahren zu erreichen, und geben ihnen das nötige Vertrauen und die Motivation, um erfolgreich zu sein. Während der Fahrstunden ist die Aufmerksamkeit auf das fahrerische Können der Lernenden gerichtet, ohne dass persönliche Interaktionen oder Emotionen die Ausbildung beeinflussen.
Vertraulichkeit:
Fahrlehrerinnen und Fahrlehreraben haben oft Zugang zu persönlichen, sensiblen Informationen. Alles, was Fahrschülerinnen und Fahrschüler während der Ausbildung erzählen, muss vertraulich behandelt werden und dürfen nicht außerhalb des Autos, insbesondere nicht in sozialen Medien oder Chatgruppen, besprochen werden. Fahrschülerinnen und Fahrschüler müssen darauf vertrauen können, dass persönliche Informationen sicher und diskret behandelt werden.
Professionelle Distanz:
Professionelle Distanz bezieht sich im beruflichen Kontext auf die Fähigkeit im Umgang mit anderen Menschen eine angemessene und respektvolle Distanz zu wahren. Das gilt insbesondere für Konstellationen, die von einem Abhängigkeitsverhältnis geprägt werden. Diese Distanz ist wichtig, um eine klare Trennung zwischen persönlichen und beruflichen Beziehungen aufrechtzuerhalten.
Es ist wichtig, klare Grenzen zwischen beruflichen und persönlichen Beziehungen zu ziehen. Fachleute müssen in der Lage sein, die Anforderungen ihrer Rolle zu verstehen und sich der zwischenmenschlichen Wirkung, die davon ausgeht, bewusst zu sein. Eine angemessene Distanz hilft dabei, potenzielle Interessenkonflikte zu vermeiden. Dies ist besonders wichtig, wenn Fachleute in Positionen sind, in denen sie Entscheidungen treffen, die das Wohl ande-rer beeinflussen. Professionelle Distanz bedeutet nicht, Kälte oder Unhöflichkeit. Stattdessen sollte sie mit respektvoller Interaktion einhergehen.
Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer sollten keine Freundschaften oder private Beziehungen mit Fahrschülerinnen und Fahrschülern eingehen, es besteht eine klare Trennung zwischen dem beruflichen und privaten Leben. Übergriffiges Verhalten wird im Rahmen der Ausbildung nicht toleriert.
Wertschätzende Kommunikation:
Klare Anweisungen und Rückmeldungen sind entscheidend, um sicherzustellen, dass Fahrschülerinnen und Fahrschüler die erforderlichen Fähigkeiten effektiv erlernen. Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer behandeln Fahrschülerinnen und Fahrschüler mit Respekt und verhindern jede Form von Diskriminierung, Beleidigung und Demotivation. Wertschätzende und konstruktive Rückmeldungen bilden das Fundament einer gelungenen Kommunikation.
Aufmerksamkeit:
Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer haben einen Bildungsauftrag. Sie gehen in der Ausbildungsphase binnendifferenziert vor und unterstützen die Fahrschülerinnen und Fahrschüler in ihren Lernprozessen individuell. Fahrschülerinnen und Fahrschüler und deren Lernprozesse stehen während der Ausbildung stets im Mittelpunkt und erhalten die volle Aufmerksamkeit. Nebentätigkeiten, die zu Ablenkungen oder Störungen führen (z.B. private Telefonate, Nachrichten oder Besorgungen), werden während des Fahrschulunterrichts vermieden.
Gez.
Manfred Wirsch
Präsident