Interview mit Christiane Leonard-Tiemann

Christiane Leonard-Tiemann ist die erste Frau im Präsidium des DVR seit seines Bestehens. Wir haben sie zu ihren Zielen, einer Zwischenbilanz der Verkehrssicherheitsarbeit und zur Frauenförderung in DVR-Mitgliedsorganisationen befragt.
10.03.2023
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Interview mit Christiane Leonard-Tiemann

Christiane Leonard-Tiemann ist die erste Frau im Präsidium des DVR seit seines Bestehens. Wir haben sie zu ihren Zielen, einer Zwischenbilanz der Verkehrssicherheitsarbeit und zur Frauenförderung in DVR-Mitgliedsorganisationen befragt.

Christiane Leonard-Tiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmen (bdo), ist die erste Frau im Präsidium des DVR seit seines Bestehens. Wir haben sie zu ihren Zielen, einer Zwischenbilanz der Verkehrssicherheitsarbeit und zur Frauenförderung in DVR-Mitgliedsorganisationen befragt.

Frau Leonard-Tiemann, Sie sind das neue Mitglied im Präsidium des DVR. Wie sieht Ihre Vision für die kommenden vier Jahre aus?

Europa wächst immer mehr zusammen und damit auch der grenzüberschreitende Verkehr innerhalb der EU. Deshalb ist es meine Vision, den DVR mit seiner ganzen Kompetenz und Erfahrung als Koordinator in die europäische Verkehrssicherheitsarbeit einzubinden und diese durch gezielte Präventionsarbeit aktiv mitzugestalten.

Vor vier Jahren wurden Sie in den Vorstand des DVR gewählt. Welche Schlüsselmomente sind Ihnen in Erinnerung geblieben?

Für mich ist die Verleihung des DVR-Förderpreises immer ein besonderes Ereignis. Die Vielzahl an herausragenden Abschlussarbeiten, die sich mit der Sicherheit im Straßenverkehr auseinandersetzen, ist jedes Jahr aufs Neue beeindruckend.

Im Vergleich zu 2018: Wie schätzen Sie den Stand der Verkehrssicherheit heute ein?

Deutschland hat in den vergangenen vier Jahren auf dem Gebiet der Straßenverkehrssicherheit beachtliche Erfolge erzielt. Die umfassende Verkehrssicherheitsarbeit des DVR, die ich als langfristigen und dynamischen Prozess verstehe, hat dazu beigetragen, dass Unfälle mit Personenschaden trotz gestiegener Verkehrsleistung weiter rückläufig sind. 2021 wurde der tiefste Stand bei Verkehrstoten und Verletzten seit mehr als 60 Jahren erreicht. Das ist eine sehr positive Entwicklung. Trotzdem erinnern uns meist nur die spektakulären Unfälle daran, dass der Verkehr noch immer zu viele Opfer fordert. Deshalb muss die Arbeit der Verkehrssicherheitsprogramme intensiv weitergeführt werden. Damit können wir die Verkehrssicherheit weiter verbessern und die Zahl der Opfer im Straßenverkehr weiter reduzieren.

Mein Ratschlag: Nimm als Frau nicht alle Themen, die weiblich sind oder so scheinen, automatisch an.

Wie ergeht es Ihnen als Frau in einer Branche, die bislang von Männern dominiert wird – DVR eingeschlossen? Haben Sie einen Ratschlag für DVR-Mitgliedsorganisationen, wie sie Frauen fördern können?

Ich bin in meiner Branche oft allein unter Männern und das hat auch viele Vorteile: Ich kann als Frau elegant die Ordnung durchbrechen, die Männern so oft die meisten Kopfschmerzen bereitet. Obwohl immer mehr Frauen gut ausgebildet und berufstätig sind, gibt es aber nach wie vor Hürden, die gerade jungen Frauen den Einstieg und Aufstieg in den Job erschweren. Aber die berufliche Selbstverwirklichung verbunden mit Kompetenz, Verantwortung sowie Führungseignung steigt und gehört bereits zum Selbstverständnis vor allem jüngerer Frauen. Es hat sich
schon viel geändert und es wird sich noch viel verändern. Und das ist gut so. Mein Ratschlag: Nimm als Frau nicht alle Themen, die weiblich sind oder so scheinen, automatisch an. Auch Männer können sich um vermeintliche Frauenthemen kümmern und Verantwortung dafür übernehmen. Kaffeekochen ist nur der erste Schritt.

Wie lautet Ihre Botschaft insbesondere für junge Frauen, die sich für Verkehrssicherheit, Verkehrstechnik oder -politik interessieren und sich beruflich an diesen Bereichen orientieren möchten?

Mehr drin als Du denkst! Viele junge Frauen verbinden kreative Berufe nur mit künstlerischen Berufen. Doch auch der Bereich Verkehr bietet viel Kreativität und gestalterische Möglichkeiten. Teamarbeit und Kommunikation sind gefragt. Frauen können dabei durch ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Intuition die Arbeit und den Umgang miteinander unterstützen und fördern.

Zur Person: Die Rechtsanwältin Christiane Leonard-Tiemann ist bereits seit 2004 für den Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) tätig, ab 2011 als Hauptgeschäftsführerin. Von 2016 bis 2019 war sie zudem Vizepräsidentin Personenverkehr bei der International Road Union (IRU) sowie 2018 bis 2021 Mitglied im Präsidium der IRU (Straßengüter- und Personenverkehr). Darüber hinaus ist Leonard seit 2017 ehrenamtlich als Mitglied der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft, Post-Logistik und Telekommunikation (BG Verkehr) aktiv.

Dieses Interview erschien zuerst im DVR Report (1/2023).