LKW-Fahrer zu oft ohne Gurt
LKW-Fahrer zu oft ohne Gurt
Hannover, 11. September 2002 (DVR) – Mit einer groß angelegten Informationskampagne soll in den nächsten zwei Jahren für das Anlegen des Gurts im Lkw geworben werden. Denn bislang nutzen nur 15 % der Lastwagenfahrer den Gurt. Unter dem Dach des Deutschen Verkehrssicherheitsrates starteten am 11. September 2002 auf der IAA-Nutzfahrzeuge in Hannover eine Vielzahl von DVR-Mitgliedern, Partnern aus Industrie, Medien und Verbänden die Aktion „Hat´s geklickt?“.
„Heute tragen viele Lkw-Fahrer schwere oder sogar tödliche Verletzungen bei Unfällen davon, weil sie sich nicht anschnallen“, erklärte Prof. Manfred Bandmann, Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrates. Die Unfallforschung habe eindeutig nachgewiesen, dass der Gurt bei bis zu 80% aller schweren Unfälle die Verletzungen der Lkw-Insassen vermindern oder sogar vermeiden würde.
Das Institut für Fahrzeugsicherheit des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in München konnte in Einzelfallanalysen von 143 Unfällen nachweisen, dass herausgeschleuderte Lkw-Insassen mangels Sicherheitsgurt ein besonders hohes Risiko haben, beim Unfall getötet zu werden. „Außerdem erleiden herausgeschleuderte Lkw-Insassen häufig extrem schwere Verletzungen, die nicht selten zur Berufsunfähigkeit und Invalidität führen“, sagte Prof. Dr. Dieter Anselm, Vorsitzender der Schadenverhütungskommission beim GDV. Durch das Angurten werde aber nicht nur das Herausschleudern verhindert, sondern auch schwerwiegende Folgen für die Lkw-Fahrer durch Vorverlagerung, Aufprall auf das Lenkrad, den Armaturenbereich oder die Frontscheibe würden vermieden. Die Nutzung des Gurts würde für Deutschland konkret bedeuten: rund 50 getötete und 500 schwer verletzte Lkw-Fahrer weniger.
Crash-Versuche von DEKRA mit 30 km/h Kollisionsgeschwindigkeit haben eindeutig gezeigt: Während beim angegurteten Fahrer-Dummy Belastungen unterhalb der biomechanischen Grenzwerte gemessen wurden, prallte der nicht angegurtete Beifahrer-Dummy mit dem Kopf und später auch mit den Knien gegen das Armaturenbrett. Im weiteren wurde der Fahrer beinahe vollständig durch die Frontscheiben nach außen geschleudert. „Die Sicherheit, die moderne Lkw-Fahrerhäuser heute technisch bieten, kann nur dann optimal wirken, wenn die Fahrer den Sicherheitsgurt auch anlegen“, betonte Klemens Große-Vehne, Mitglied des Vorstands der DEKRA AG. Aus den Crash-Versuchen seien eine Vielfalt neuer Erkenntnisse gewonnen worden, die in die Verbesserung der Festigkeit der Fahrerhäuser und der Rückhaltesysteme eingeflossen seien. Für schwere Lkw seien heute Airbags erhältlich, die die Wirkung des Gurtes unterstützten. Die Hauptschutzwirkung habe dabei allerdings der Gurt.
Den Schaden, der für den einzelnen Betrieb durch einen Lkw-Unfall entstehe, bezifferte Klaus Peter Röskes, Vorsitzender des Vorstandes der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) und Vizepräsident des BGL. Die Ausfallkosten belaufen sich demnach auf bis zu 500 € am Tag. Hinzu kämen noch Zusatzkosten, z.B. weil Termine nicht eingehalten werden könnten. Neben dem möglichen Imageschaden für das Unternehmen und der Verärgerung beim Kunden komme durch einen Unfall rasch eine große Schadenssumme zusammen. „Im Vordergrund steht dabei aber immer zunächst das Leid, welches ein solcher Unfall sowohl für den Betroffenen als auch für seine Familie nach sich ziehen kann“, so Röskes.
Prof. Dr. Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), betonte: „Technik und Akzeptanz der Technik sind zwei Seiten einer Medaille. Deshalb haben Nutzfahrzeughersteller und –zulieferer die aktive und passive Sicherheit des Nutzfahrzeugs zu einem hohen Niveau entwickelt. Und deshalb müssen wir genauso dafür werben, die Gurtanlegequote zu erhöhen. Wer den Gurt anlegt, tut etwas für die Sicherheit, ob im Pkw oder im Nutzfahrzeug. Deshalb starten wir gemeinsam diese Initiative“.
Auf Seiten der Fahrer sind die Gründe für die Ablehnung des Sicherheitsgurtes vielfältig. Die meisten Fahrer halten den Gurt schlichtweg für unbequem. Andere sehen eine Störung des Betriebsablaufs im Angurten oder fühlen sich ganz einfach ohne Gurt sicher. Diesen Argumenten setzt die Kampagne gezielt Gegenargumente aus Sicht der Unfallforschung entgegen. Mit Plakataktionen, Filmbeiträgen, einem Wettbewerb und Veranstaltungen wird bundesweit auf die Vorteile des Gurts aufmerksam gemacht. Ein Aktionsaufkleber wird an die Lkw-Fahrer verteilt. Wer den Aufkleber am Lkw nutzt, und sich anschnallt, kann an einer großen Verlosung teilnehmen. Auf Rast- und Autohöfen entlang den Autobahnen wird ein Info-Truck die Informationen direkt zu den Fahrern bringen. Mit einem neu konstruierten Lkw-Gurtschlitten können die Fahrer die Wirkung des Gurtes direkt erleben. Dabei wird die Fahrt eines Lkw simuliert.
In der Kampagne „Hat's geklickt?“ engagieren sich die folgenden Partner: der Bundesverband für Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF), der Dachverband der Berufskraftfahrerverbände (BdBV), DEKRA, VDA, VDIK, GDV, ETM-Verlag, die Berufskraftfahrer-Zeitung, die Zeitschrift „Fernfahrer“, das Fernfahrermagazin „Trucker“, Aral sowie die Nutzfahrzeughersteller Mercedes-Benz, MAN, Renault, IVECO, DAF, VOLVO und Scania.